Titel: Der Ritt der Walküren

Exposé

“Der Ritt der Walküren”

Roman

Der Roman „Der Ritt der Walküren“ ist ein anspruchsvoller historischer Roman, der in die dunkelste Epoche der deutschen Geschichte eintaucht. Er erzählt die Geschichte eines Opernsängers, dessen außergewöhnliches Talent die Aufmerksamkeit Adolf Hitlers auf sich lenkt. Durch die gemeinsame Liebe zu Richard Wagner und der Oper entwickelt sich eine Freundschaft, die sowohl Fluch als auch Segen ist – für beide!

Die Geschichte verknüpft wahre historische Begebenheiten mit kreativer Fiktion, mischt verschiedene Erzählebenen und Perspektiven und kreiert ein neuartiges Gesamtbild der NS-Zeit.

Genre: Belletristik Historischer Roman / Gesellschaftsdrama

Titel: Der Ritt der Walküren (alternativ: Janosch | Club der Schmetterlinge)

Schauplatz: Deutschland, Drittes Reich, Fiktion

Erzählstil: Wechselnde Ich-Erzähler und personaler Erzähler

Leser-Mehrwert: Vielschichtige Einblicke in die NS-Zeit

Zielgruppe: Geschichtsinteressierte ab 16 Jahren

Umfang: 617 Seiten, Format B5 / 1.166.261 Zeichen / 174800 Wörter

Klappentext

Die Liebe zu den Opern von Richard Wagner verbindet Anfang der dreißiger Jahre den Hauptakteur, einen begnadeten Opernsänger, und Adolf Hitler. Kurze Zeit später wird Hitler zum Reichskanzler ernannt – die beiden verlieren sich aus den Augen.

Ein Jahrzehnt später tobt der Zweite Weltkrieg mitten in Europa. Die Hoffnung der Deutschen, den Krieg noch zu gewinnen, schwindet zusehends. Nur der Diktator träumt unverdrossen von der Weltherrschaft und ist besessen vom Endsieg.

Durch einen unvorhersehbaren Umstand treffen der Opernsänger und Adolf Hitler in einem Luftschutzbunker erneut aufeinander. Sogleich knüpft Hitler, der sofort wieder eine Verbundenheit zu dem Sänger empfindet, an die alte Bekanntschaft an. Auf Hitlers Drängen entwickelt sich eine rege Brieffreundschaft, die dem Diktator eine willkommene, kulturelle Abwechslung zum ernüchternden Kriegsalltag bietet und ihm hilft, die militärischen Niederlagen zu verdrängen, während der Opernsänger die Beziehung aus Kalkül eingeht. Denn nur durch seine geheuchelte Freundschaft zu Hitler sichert er sein eigenes Überleben. Die Begegnung mit Hitler wird zu einem psychologischen Duell, bei dem der

Protagonist seine wahre Identität verbergen und gleichzeitig Hitlers Wahnvorstellungen bedienen muss.

Es entwickelt sich eine Beziehung, die die existenziellen Fragen nach Identität, Täuschung und moralischer Verantwortung aufwirft und den Leser zur aktiven Auseinandersetzung herausfordert

Die Geschichte

Im Jahr 1944, während eines Luftangriffs auf eine Rüstungsfabrik im Deutschen Reich, findet sich der Protagonist, ein ehemals angesehener Opernsänger und jetzt SS-Obersturmführer, in einem Schutzbunker wieder. Unerwartet sitzt er plötzlich Adolf Hitler gegenüber, der ebenfalls in den Schutzraum geflüchtet ist. Vor über zehn Jahren, Hitler war noch kein Reichskanzler, begegneten sich die beiden Männer bereits einmal bei den Wagner-Festspielen in Bayreuth. Der Protagonist brillierte auf der Bühne als Siegfried in der Oper „Der Ring des Nibelungen“ und hinterließ einen bleibenden Eindruck bei dem damals noch unbekannten Hitler. Dieser zögert nach der Vorstellung nicht um ein Autogramm zu bitten und sich anschließend intensiv mit ihm über den Komponisten Wagner auszutauschen.

Hitler erkennt im kleinen Bunker nach über einem Jahrzehnt den Opernsänger wieder und nutzt die Chance, mit ihm in Kontakt zu treten. Es entsteht eine innige Brieffreundschaft zwischen den Männern, die sich inhaltlich ausschließlich um die Welt der Opern dreht und in erster Linie von Hitler vorangetrieben wird. Der Reichskanzler ist sehr angetan von dem ausgiebigen Briefwechsel. Er taucht ganz in die Welt der Oper ein, die die immer häufigeren und bitteren Niederlagen seiner Wehrmacht für den Moment vergessen lassen.

Im späten Winter 1945 wird der ehemalige Opernsänger, sein Name ist SS-Obersturmführer Hubert Eisenmann, überraschend wegen einer geheimen Angelegenheit in Frankfurt abgeholt und nach Berlin geflogen. Zunächst hegt er den Verdacht, dass er möglicherweise für seinen Brieffreund singen soll – möglicherweise einen überraschenden Auftritt zu Ehren von Hitlers Geliebter, Eva Braun, zu ihrem Geburtstag.

Trotz dieser Annahme verspürt er ein tiefes Unbehagen angesichts der unerwarteten Situation. Denn sein wahrer Name ist nicht Hubert Eisenmann, und sein ganzes Auftreten als SS-Soldat ist nichts anderes als eine geschickte Täuschung, um der Verfolgung durch die Nazis zu entkommen. Denn hinter der Maskerade verbirgt sich ein Mann aus der Volksgruppe der Sinti. Durch einen Zufall gelangte er an die Uniform eines ermordeten SS-Soldaten und nutzte diese für seine Irreführung. Hitler ahnt, von Drogen betäubt, nichts von dieser Täuschung und sieht lediglich den bewunderten Opernsänger vor sich. Doch auch für den Sinto birgt diese falsche Freundschaft Vorteile. Er erkennt rasch, dass Hitler ihm ergeben ist, und nutzt diese Bindung, um jegliche Zweifel an seiner falschen Identität auszuräumen. Hitlers Freundschaft wird zur Bürgschaft und niemand wagt es, diese in Frage zu stellen.

In Berlin angekommen, erfährt er, warum er in das unterirdische Hauptquartier, den Führerbunker, zitiert wurde. Es erwartet ihn kein Auftritt, sondern er wird mit gleich zwei teuflischen Plänen Hitlers konfrontiert. In der Namensgebung orientieren sie sich an Wagners Meisterwerk “Der Ring des Nibelungen”. In Anbetracht der mittlerweile ausweglosen militärischen Lage verkündet Hitler die zwei menschenverachtende Entscheidungen:

Mit der ersten Operation ‘Walkürenritt’ verfolgt er das Ziel, die deutsche Bevölkerung durch den Einsatz von Chemiewaffen zu vernichten. In der zweiten Operation ‘Götterdämmerung’ plant er seine Flucht nach Südamerika, wo er ein neues Reich ins Leben rufen möchte. Hitler erwartet von seinem Freund, dass er ihn auf diesem Weg begleitet.

Auf der Rückfahrt in Hitlers gepanzerter Limousine von Berlin nach Frankfurt plagen den Sinto Zweifel. Zum einen ist Hitlers Freundschaft ein Garant für seine Maskerade, gleichzeitig belasten ihn die teuflischen Pläne, die auch seine Familie betreffen würden.

Fast in Frankfurt angekommen, wird Hitlers Limousine von amerikanischen Fallschirmjägern überfallen. Sie nehmen den vermeintlichen SS-Mann gefangen und bringen ihn auf einen Air-Force Stützpunkt nach England. Durch einen Spion im Führerbunker wissen die Amerikaner von der Brieffreundschaft. Außerdem besitzen sie  rudimentäre Informationen über die geplanten Geheimoperationen. Was sich zunächst als Befreiung für den untergetauchten Sinto darstellt, entwickelt sich allerdings zu einem Desaster. Während die Amerikaner glauben einen wichtigen Nazi gefangen zu haben, der womöglich weiterreichende Informationen zu den geplanten Operationen besitzt, versucht der Sinto die Amerikaner davon zu überzeugen, dass er überhaupt kein Nazi ist. Was sich nicht so leicht gestaltet: Sein Auftreten und Hitlers Freundschaft stehen seiner Glaubwürdigkeit im Weg. 

Durch einen glücklichen Zufall erkennt ihn ein ehemaliger Freund, der jetzt für die US Air Force fliegt, wieder. Durch die plötzliche Wendung wird Hitlers falscher Freund für die Amerikaner noch wertvoller. Um Hitlers geheime Operationen zu durchkreuzen, schmieden sie einen Plan. Der falsche SS-Mann Hubert Eisenmann muss zurück ins Reich geschickt werden, um den Kontakt zu Hitler aufrechtzuerhalten. Nur so besteht die Hoffnung, wertvolle Informationen über die finsteren Machenschaften Hitlers zu erhalten.

Der Plan geht zum Teil auf. Hitler ist seinem Freund blind ergeben und liefert, zumindest für die Operation ‘Walkürenritt’ – die Ausrottung Deutschlands – genügend Hinweise. Allerdings gelingt es den Amerikanern nicht mehr, die geplante Flucht der Nazi-Horde nach Südamerika zu vereiteln.

Hitler, ausgezerrt und im Bann seiner Drogen, klammert sich im Führerbunker an seinen letzten Getreuen. Hubert Eisenmann. Nur seinetwegen zögert er die vorbereitete Flucht hinaus. Als Eisenmann sich in seiner letzten Post als Janosch Adonay zu erkennen gibt, entfesselt Hitler einen noch nie dagewesenen Zornausbruch. Alle seine Ideale zerfallen in Rauch. Der Krieg ist schon lange verloren, Stunden zuvor hat er Eva Braun in den Suizid getrieben, und sein vermeintlich einziger Freund entpuppt sich als »Zigeuner«. Die Situation ist aussichtslos und er erkennt, dass so weiter zu leben einer Lüge gleichkäme. Er begeht Suizid.

Alexander Buch Grafik-Designer

Der Autor

ALEXANDER BUCH

Grafik-Designer • Regisseur • Autor 

Geschichten erzählen, ist meine Passion. Nach drei Jahrzehnten als selbstständiger Kommunikationsdesigner habe ich vor über zehn Jahren meine erste Geschichte mit dem Kurzfilm „Das große Geschäft“ zum Leben erweckt. Der Film war nicht nur ein kreatives Experiment, sondern ein Herzensprojekt, für das ich das Drehbuch verfasste und die Regie übernahm. Die Resonanz war überwältigend: Der Film wurde mit mehreren Preisen geehrt und fand seinen Platz auf dem renommierten Filmfest München im Jahr 2014, nach der Berlinale – dem zweitwichtigsten Filmfestival Deutschlands. Zwei Jahre später folgte mein zweiter Kurzfilm, „Faule Zellen“, in dem der bekannte Schauspieler Martin Armknecht, bekannt aus „Lindenstraße“ und „Manta, der Film“, mitwirkte.

“Der Ritt der Walküren” ist mein Debütroman. Derzeit widme ich mich meinem zweiten Buch, das die düstere und zugleich schwarzhumorige Erzählung zweier Brüder erzählt, die eingepfercht in einem winzigen Bunker ausharren, während draußen ein verheerender Atomkriegs wütet.

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Tel.: 0 160 92 888 354

Leseprobe

Führerbunker

25. Februar 1945 | 12:50 Uhr

Wutentbrannt schmiss Hitler die bleischwere Bürotür des Propagandaministers Goebbels im Vorbunker zu. Der Bunker bebte, ein wummerndes Dröhnen breitete sich in den Fluren aus. Ehrfürchtig erlag für einige Sekunden das hektische Leben. Alle Insassen hielten inne und gafften dem schlecht gelaunten Diktator hinterher. Sie kannten seine berüchtigten Launen und hofften, insgeheim nicht selbst Grund eines Wutanfalls zu werden. 

Das berauschende Eukodal schien seinen Höhepunkt überschritten zu haben. Getrieben vom Zorn, schlurfte Hitler zurück in den Hauptbunker. Die ihn grüßenden Menschen strafte er mit Missachtung. Ihm quoll die ganze Wut und Verbitterung über Goebbels kritischen Worte, dem Hirngespinst Olympia, so nannte Goebbels es, aus der Magenregion empor. Goebbels bezeichnete seine Olympia-Idee als reine Zeit- und Ressourcenverschwendung, für die es nicht einmal lohnend sei, einen Gedanken zu verschwenden. Ressourcenverschwendung. Gerade dieses Wort brachte Hitler seit seinem Besuch in dieser Farbenfabrik in Frankfurt auf die Palme. Und das war noch nicht alles. Als es zu einem hitzigen Wortgefecht mit seinem Propagandaminister kam, sprach dieser seine offene Abneigung gegen seinen Freund aus. Stellte ihn an den Pranger, als wenn Hubert für das sogenannte Hirngespinst Olympia und überhaupt für die militärische Lage verantwortlich war. Bevor Hitler Goebbels’ Büro verließ, bezeichnete er ihn als Dummkopf und drohte seinem Minister, dass, wenn er es nochmals wagen würde, ihm die Treue zu verweigern, er ihn, ohne mit der Wimper zu zucken, entlassen würde. 

Ein Elixier aus Verbitterung und Abscheu ließ ein Gebräu in Hitlers Magen aufkochen, dass sich bei jedem einzelnen Schritt immer weiter die Kehle hinauf schaukelte. Dieses saure Gemisch, genährt vom Hass und Wut über Goebbels Ansichten, schwappte infolgedessen in seinen Kehlkopf. Mehrfach würgte er die säuerlich-bittere Essenz herunter. Doch es half nichts, seine quälenden Magenprobleme und die brodelnde Wut mussten mit Medikamenten nieder gekämpft werden. Er blieb stehen, ohne sich an den glotzenden Personen im Flur zu erregen. Hastig suchte er die Taschen seines Trainingsanzugs ab. Mit seinen zittrigen Fingern kramte er ein kleines Metalldöschen hervor. Um die kleine Schrift lesen zu können, hielt er das Etikett der Dose direkt vor die Augen. Die Lesebrille ließ er in der Brusttasche stecken. Schmerzmittel. Das falsche Medikament. Zittrig steckte er das kleine Döschen zurück in seine Tasche und klopfte den Rest des Trainingsanzugs ab. Er kramte weiter in seinen Taschen. Außer einem Taschentuch fand er nichts. Ein weiteres Mal überkam ihn der Würgreiz, und erneut musste er die bittere Säure hinunter schlucken. Mit aller Kraft presste er sein Kinn gegen den Kehlkopf, um ein weiteres Aufstoßen in den Rachen zu verhindern. Geduckt und mit gesenktem Haupt schritt er hastig zurück in sein Privatquartier, um schleunigst die dringend benötigte Medizin für Magen und Darm einzunehmen.

“Wie bitte?“ Sieben auf einen Streich?”, fragte mich Eva Braun verwundert.

“Entschuldige, ich war mit den Gedanken bei meinem Luftkampf von heute Morgen. Sieben Bomber hätte ich abschießen können.”

Nun manövrierte ich mich schon selbst in die Situation, mein Heldentum ins Unendliche zu steigern. Ich bereinigte die Situation, indem ich wieder auf das Dinner zu sprechen kam. “Nur die paar Personen kommen zum Essen?” 

Eva rümpfte die Nase. „Ach so! Nein! Zig wichtige Personen aus der Führung oder Wehrmacht kommen. Aber das ist doch egal. Das sind alles Langweiler, verstehen nur etwas von Militär oder Politik und nichts von Kunst oder Kultur.“ 

Sogleich war sie wieder bei ihrer Vorfreude auf den bevorstehenden Abend. “Der ganze Bunker redet schon seit Tagen vom Dinner, jedenfalls die Frauen. Und jetzt bist du der musikalische Höhepunkt.” 

Während Eva wie aufgekratzt auf mich einredete, war ich gedanklich bei der Pistole in meinem Gürtel und der Möglichkeit, beim Dinner nicht nur sieben, sondern die gesamte Reichsführung wie das tapfere Schneiderlein mit einem Streich auszulöschen. 

Eva redete ununterbrochen, als ob sie von einem unerschöpflichen Wasserfall aus Sabbelwasser gespeist wurde. Sie sprach mit funkelnden Augen über die Kulturhauptstadt Berlin, um unmittelbar danach darüber zu klagen, dass nun alle möglichen Veranstaltungen nicht mehr so wie früher stattfanden. Abrupt wechselte sie das Thema und schwelge darüber, mit welchen Staatschefs sie und ihr Geliebter gespeist oder welche Theater- und Opernaufführungen sie genossen hatten und wer die besten Pfannkuchen machte. Dann wechselte sie zum Wetter, machte einen gedanklichen Ausflug zum Berghof in die bayerischen Alpen und und und. Sie hatte ein starkes Mitteilungsbedürfnis. Wie sie selbst betonte, wagte sie sich kaum noch an die Oberfläche. Ihr fehlte der Austausch mit Freunden oder Bekannten und sie fristete nun ein tristes Dasein tief unter der Erde. Teilnahmslos stand ich ihr gegenüber und starrte an die graue Bunkerwand. Ich hörte überhaupt nicht mehr richtig hin, gab hier und da mal einen kurzen Kommentar, nickte zustimmend, während meine Gedanken sich nur noch um die Waffe und das Dinner drehten. Wie aus dem Nichts bot sich mir heute Abend die Möglichkeit, von der ich schon tausendfach geträumt hatte – das komplette Nazi-Regime ins Jenseits zu befördern. Mit einem Schlag den Krieg, das Unheil, das Leid von Millionen Menschen zu beenden. Der Gedanke daran ließ mich immer nervöser werden. Während Eva über ihre Lieblingsspeise quasselte, wischte ich mir meine feuchten Hände am Gesäß trocken. Wie fremdgesteuert, berührte meine Hand die Waffe im Gürtel. Ich zuckte bei der leichten Berührung des kalten Metalls zusammen. Mein kompletter Körper überzog sich augenblicklich mit einer Gänsehaut. Der Gedanke an das Attentat und die daraus resultierenden Folgen machten mir Angst. Angst ist ein schlechter Begleiter und sie beherrschte plötzlich meinen Verstand. Denn wie weit war mein Denken von dem eines Mörders entfernt? Hatte ich die Rolle des Verbrechers in Uniform zu sehr verinnerlicht? Vor allem hatte ich immense Angst, dass ich während des Attentats, inmitten eines Schusswechsels, mein Leben verlieren könnte. Wollte ich das wirklich? Was bedeutete das für meine Familie? Irena und Fritz? Welche Repressalien würden sie durch mein Märtyrertum erfahren? 

Den letzten Satz, den ich meinem Sohn mitgegeben hatte, bevor er in den Militärlastwagen stieg, der ihn zur Front brachte, drang in mein Bewusstsein: 
»Habe immer ein Ziel vor Augen.« 

Welches Ziel verfolgte ich in diesem Moment? Hitler und die Führung zu töten? Vor mir stand Eva, mit einer schnellen Handlung könnte ich sie ins Jenseits befördern! Verstört schaute ich mich um und griff nach der Waffe unter meinem Jacket. Am Ende des Flurs, vor Bormanns und Hitlers Büro und an den Schleusen standen Wachsoldaten. Sie schauten gelangweilt, was nicht heißen soll, dass sie nicht aufmerksam alles beobachteten, und besonders ein Auge auf die Geliebte vom Führer geworfen hatten. Mit einem leichten Rempler in meine Nieren holte Eva mich aus meinem gedanklichen Kampf. Dabei schaute ich ihr kurz in die Augen. Ihr musste meine Nervosität aufgefallen sein.
“Ist irgendwas, du bist plötzlich so abwesend?“, fragte sie mich besorgt. 
Die quälenden Killer-Gedanken schnürten mir den Hals zu.
“Hubert?”, rief Eva laut. 
Erschrocken zog ich die Hand von der Waffe. 
“Entschuldigung, ich bin etwas müde von der langen Anreise”, sagte ich. Die Ereignisse überschwemmten meinen Kopf und ich verabschiedete mich umgehend mit der Lüge, dass Adolf bestimmt auf mich wartete. 
“Oh, dann lass mein braunes Schnauzebärchen nicht so lange warten, habe dir doch gesagt, er kann in letzter Zeit sehr aufbrausend sein.“

Mein braunes Schnauzebärchen… Das musste ich mir erst mal auf der Zunge zergehen lassen. Das deutsche Volk als auch feindliche ausländische Mächte würden sich das Maul zerreißen, wenn sie von dem Kosenamen erfahren würden. Die intime Offenbarung, ohne an die möglichen Konsequenzen zu denken, überlagerten für einen Moment meine düsteren Mord-Gedanken. 

“Wir sehen uns aber später beim Essen, bis dann“, sagte sie noch und tänzelte in die andere Richtung den Flur entlang. Dann rief sie mir noch hinterher: “Ach ja, du wolltest dich waschen – oder? Die Toilette ist die letzte Tür im Gang links, dann siehst du schon das Schild.“

Von Waschen hatte ich Eva nichts gesagt. Mein Blick fiel auf meinen Anzug mit dem eingetrockneten Kotzfleck, der anscheinend immer noch roch. Scheinbar hatte ich mich schon an den üblen Geruch gewöhnt. Auf zur Toilette.

5  

“Adolf, rate wen ich gerade getroffen habe? Unseren Stargast für das Dinner”, überrumpelte Eva ihren Schatz im Privatquartier. Freudig fiel sie ihm um den Hals. 
“Das ist ja ein richtig gut aussehender Bursche, hast du mir gar nicht verraten“, sagte sie und kniff dabei ihren Liebsten in die Seite. 
“Und total nett ist er auch, wieso haben wir Hubert nicht schon früher mal eingeladen? Berlin ist so eine schöne und kulturelle Stadt, das würde ihn doch interessieren? Wir könnten ihm die Oper zeigen, welche steht denn noch? Was rede ich, die kennt er doch bestimmt, wenn er schon in Bayreuth gesungen hat. Dann ins Theater, welches war denn noch offen? Das musst du mir versprechen, Schnauzebärchen, noch vor dem Endsieg. Wir könnten aber auch mal wieder was zu zweit machen, Essen gehen…“
Eva lockerte ihre Umarmung, drückte ihren Liebhaber etwas von sich, um seine ausbleibende Reaktion zu prüfen. Sie wusste, dass ihr Freund seine Emotionen nicht überschwänglich zeigen konnte, aber einen netten Satz brachte er immer über die Lippen.
“Sag mal, ist dir eine Laus über die Leber gelaufen, jetzt zieh doch nicht so ein Gesicht. Mit dem knackigen Burschen war doch nur ein Spaß.“ 

Hitler tappte in die Sprechfalle Eva Braun. Er kannte sie zu gut und wiegelte nur mit den Händen ab. Seine Magenprobleme, ausgelöst von Goebbels giftigen Abneigungen, bereiteten ihm momentan größere Sorgen. Ständig stieß er sauer auf, ohne ein Wort zu sagen, und mit versteinerter Miene ging er an ihr vorbei zum Schreibtisch, ließ sich auf den Stuhl plumpsen und zog eine Schreibtischschublade auf. Hektisch, wie ein Alkoholkranker auf Entzug, durchwühlten seine zittrigen Finger die Schreibtischschublade nach der erlösenden Medizin.

Auf der Toilette schloss ich mich in eine Kabine ein, um mich in aller Ruhe mit der Pistole vertraut zu machen. Vorsichtig holte ich sie aus meinem Hosenbund hervor und inspizierte die glänzende Waffe mit ihren reichlichen runenartigen Verzierungen. Der Griff bestand aus einem hellen Material, vielleicht Elfenbein, das ebenso Verzierungen und die schwungvollen Initialen »A&E« aufwies. A für Adolf Hitler oder arisch? Und E? E wie Eva? Oder Endsieg? Ewig? ‘Adolf und Eva’ war am plausibelsten, doch welcher Mann lässt die Initialen seiner Liebsten in ein Tötungsinstrument gravieren? Nur Hitler – war meine Schlussfolgerung. Oder gehörte vielleicht Eva die Waffe? Klein und handlich. Auch möglich. Auf der anderen Seite des Griffs befand sich noch eine merkwürdige Gravur. »Feuer und Flamme«, stand dort in geschwungenen Buchstaben. Doch die Verzierungen und was die Initialen bedeuteten, interessierte mich nicht, ich musste mich mit der Funktionsweise und der Handhabung der Waffe vertraut machen. Ich betrachtete die Pistole genauer. Am rückseitigen Ende des Laufs befand sich eine Öffnung, die mit einer Metallkappe zugeschraubt war. »Nur für Reinigungsbenzin« war in kleiner Schrift in das Metall gestanzt. 

Jedoch sah ich keinen Hebel zur Entsicherung der Waffe, wie bei dem Maschinengewehr im Flugzeug. Einfach nur den Abzugshebel ziehen und ein Schuss löst sich – erschloss ich. Andere Knöpfe oder Riegel zum Entsichern oder dergleichen konnte ich nicht entdecken. Mit Unbehagen legte ich die Waffe vor meine Füße auf den Boden. 

Auf dem Klodeckel sitzend ging ich die Sache nochmals in Gedanken durch. Ich fragte mich als Erstes, wie viele Patronen sich in der Waffe befanden und ob sie für alle ausreichend waren. Nochmals nahm ich sie in die Hand und suchte das Magazin, konnte aber nichts finden. Okay, angenommen ich würde nur Hitler erschießen. Wo? Hier unten? Und dann die Flucht? Der Bunker glich einer Bastion. Es wimmelte nur von Wachpersonal und Kontrollpunkten. Zudem erklärte mir Otto Günsche bei der Sicherheitseinweisung, dass nur zwei Wege an die Oberfläche führten. An beiden Schleusen stand Wachpersonal – ich würde es nie lebend nach draußen schaffen. Reinzukommen war schon schwierig, rauszukommen, dazu noch als Attentäter, schier unmöglich. Der Bunker wäre mein Betongrab. 

Oberirdisch stellte sich die Situation ähnlich dar. Überall im Garten der Neuen Reichskanzlei und davor waren Kontrollposten und Wachpersonal positioniert. Zudem kamen die ganzen Sperrbezirke rund um Berlin Mitte.

Ich beugte mich vor, während die Gedanken in meinem Kopf wirbelten. Das Dinner in der Neuen Reichskanzlei heute Abend stellte den perfekten und einzigen Ort für ein Attentat dar. Alle einflussreichen Persönlichkeiten würden anwesend sein, und in diesem monumentalen Bauwerk existierten zahlreiche Fluchtwege, die weit über die des unterirdischen Labyrinths des Führerbunkers hinausgingen.

Ich nickte störrisch vor mich hin. Wahrscheinlich, um mir Mut zu machen und dann drängten sich die nächsten Fragen in mein Bewusstsein. Was wäre, wenn ich das Attentat tatsächlich überlebe und unversehrt entkommen kann? Wie würde es dann mit mir und meiner Familie weitergehen? Ich stellte mir vor, dass wir bis zum Sankt Nimmerleinstag von einer wildgewordenen Horde Nazis gehetzt würden. Der einzige Ausweg, den ich sah, war, wieder in den Untergrund abzutauchen. Ein weiterer Aspekt, der mir große Sorgen bereitete, war die ständige Möglichkeit einer Leibesvisitation im Bunker. Ich hielt es daher für klüger, die Waffe nicht ständig am Körper zu tragen und erst später zum Diner zu holen. Doch wohin damit? Ich schaute mich in der Kabine um und suchte nach einem geeigneten Versteck. Viele Möglichkeiten ergaben sich nicht. Eine war der Spülkasten von der Toilette. Eine andere sie in Klopapier eingewickelt im Abfalleimer zu platzieren. Und wenn dieser geleert würde? Zu viele Fragezeichen bereiteten mir Schweißausbrüche. Ich drehte die Waffe in meiner Hand. Was soll ich mit dem verdammten Ding nur machen? Ich betrachtete die vielen mystischen und runenhaften Verzierungen und je länger ich sie in der Hand hielt, desto mehr stieg ein Unbehagen in mir hoch. Auf einmal zitterte mein ganzer Körper. Meine Hände wurden klamm und wieder bekam ich das unangenehme Kribbeln in meinen Oberschenkeln. Ein paar Mal strich ich mit den Handflächen über meine Beine, um zum Einen die wieder feucht gewordenen Hände trocken zu reiben und zum Anderen, um meine zittrigen Beine zu beruhigen. 

“Dieser Narr!”,  schallte es plötzlich im Toilettenraum. Die Tür schnappte laut ins Schloss. Vor Schreck hätte ich beinahe die Pistole fallen lassen! Es war Hitler! Reflexartig schob ich die Waffe hastig wieder in meinen Hosenbund und verhielt mich mucksmäuschenstill. Mein Herz raste wie verrückt!

“Trottel, unfähig, Affenhirn!“, wetterte Hitler aufgebracht. Unentwegt schimpfte er weiter, ohne dass ich zunächst verstand, was die Wortfetzen bedeuteten. Nur so viel, dass er sich gewaltig über seinen Propagandaminister Goebbels ärgerte und seine zuvor leutselige und freundliche Stimmung wie weggeblasen war.

Leise kniete ich mich auf den Boden, schaute durch das Schlüsselloch. Hitler stand im grauen Trainingsanzug mit dem Profil zu mir am Waschbecken. Er glaubte sich allein, trotzdem schaute er sich sicherheitshalber nochmals um. Seine Hände umklammerten das Waschbecken wie ein Rednerpult. Plötzlich legte er frenetisch los. Lautstark referierte er mit dem Spiegel, wähnte sich vor großem Publikum. Die von Goebbels abgeschmetterte Idee der neuen Sportart und Olympia erregten ihn offensichtlich. Er musste seinem Frust freien Lauf lassen. Wie bei seinen Auftritten hob er dabei am Ende jeden Satzes seine Stimme und gestikulierte wild mit den Armen in der Luft, um dann im nächsten Satz mit leisen, ironischen Tönen über seinen Propagandaminister zu lamentieren. Immer wieder musste er dabei aufstoßen, so dass er entnervt schließlich sein Selbstgespräch unterbrach. Dann nickte er seinem Spiegelbild zu und sprach mit verbitterter Miene.

“Dieser Trottel von Goebbels, unfähig sich der großen Sache, gedanklich anzunehmen. Ein Kleingeist, wie alle anderen auch.”  

Sichtlich erregt suchte Hitler in seinen Taschen des Trainingsanzugs nach seiner Medizin. Nachdem er die Hände gewaschen und sorgfältig getrocknet hatte, öffnete er zwei verschiedene Dosen mit Schraubverschlüssen, nahm je eine Pille heraus, ließ anschließend einen Schluck Wasser auf die andere Handfläche laufen, um den Pillencocktail mit einem Schwung runter zu spülen. Ein Magen- Darm-Medikament und eines gegen Flatulenz. 

Neben den Stimmungsschwankungen war eine weitere Nebenwirkung seines Medikamentencocktails das nervige Verdicken und die übermäßige Produktion von Nasensekret. Dieser zähe Schleim verstopfte Nase und Rachen, so dass er sich öfters räuspern musste, um ihn zu lösen, oder den Schleim mit lauten grunzenden Geräuschen aus Rachen und Nase hochzuziehen. Er steckte die Pillendosen weg und zog eine kleine braune Glasflasche aus dem Trainingsanzug. Dieses Medikament half ihm, den Nasenschleim zu lösen. Mit seinen zittrigen Händen war es nicht leicht, zehn Tropfen in ein Wasserglas zu bugsieren. Einige Tropfen des Medikaments gingen daneben. 

Er trank hastig aus, stellte das Glas ab und ging schleichend zur Pinkelrinne. Ich sah durchs Schlüsselloch, wie er die Schnur seiner Trainingshose öffnete und die Hose zu Boden glitt. Gebückt stand er an der Rinne. Dann Ruhe. Nur ein leichtes Stöhnen von Hitler war zu hören. Ich atmete ganz flach. Meine rechte Hand glitt zum Hosenbund mit der Pistole. Ich verdrängte die schwerwiegenden Konsequenzen, die ein Anschlag auf Hitler für mich, für meine Familie bedeutet hätte. Vielmehr versuchte ich mir in Gedanken Mut zuzusprechen: 

»Janosch! Habe immer ein Ziel vor Augen, es hilft dir, wenn du nichts mehr hast. Dieser Mann hat dir alles genommen. Räche dich an ihm. Die heruntergelassene Hose, die sich um seine Knöchel wickelte, schränkt ihn in schnellen Bewegungen ein, er hat keine Chance zu fliehen. Niemand ist sonst anwesend. Überlege, wann ergibt sich nochmals so eine Chance? Es wäre ein Leichtes. Du musst nur aus der Kabine austreten, dich ebenfalls an die Pinkelrinne stellen, ihm mit einem Lächeln in die Augen blicken, dabei die Pistole fest in seine Seite drücken und dann einen Schuss, oder besser zwei oder drei, in seinen Bauch abgeben. Der Schuss würde durch die Bauchhöhle stark gedämpft, sodass niemand sofort etwas bemerken würde. Dann den leblosen Körper in der Toilettenkabine verstecken und fliehen. Deutschland, die ganze Welt wäre von dem verbrecherischen Diktator befreit. Tu es!«

Indes stand Hitler breitbeinig an der Pinkelrinne. Die Spülung lief unentwegt aus einem kleinen, rostigen Wasserhahn am oberen Ende des Pissoirs. Mit der rechten Hand suchte er nach seinem Glied in der Hose, zog es heraus, beugte sich vor und wartete. Es dauerte, bis sein druckloser Strahl gegen die vergilbte Pissoirrinne plätscherte, die durch das trübe Bunkerwasser und Rost gelblich-braune Ablagerungen und Verkrustungen auf der Emaille hinterließ. Sein Urin vermischte sich mit dem trüben Wasser in der Rinne. Plötzlich vernahm ich laute Grunzgeräusche. Mehrfach zog Hitler die Nase hoch und sammelte mit einem Schmatzen den Schleim in seiner Mundhöhle. Wie ein Bonbon- lutschendes Kind vermengte er das Sekret aus Rachen und Nase im Mundraum. Langsam ließ er schließlich den zäh fließenden Nasenschleim mit einem langen Faden durch die Lücke seiner Schneidezähne heruntergleiten. Der glibberige Rotzfaden, der beim Austritt aus der Mundhöhle noch eine Körpertemperatur von siebenunddreißig Grad besaß, kühlte umso mehr ab, je länger er in der Luft baumelte. Und genau dies war der Gaumenkitzel, auf den Hitler abzielte. Nämlich, wenn er den abgekühlten Schnodder genüsslich, durch den dünnen Spalt zwischen seinen Schneidezähnen wieder zurück in die Mundhöhle zog. Deshalb musste er genau abwägen, wie lange der Rotzfaden werden durfte. Denn wenn er ihn zu früh hochzog, war der Glibber noch körperwarm und Genuss unwürdig. Andererseits, wenn der Rotzfaden zu lang wurde und riss, war die Partie verloren. Dabei war das Spielchen umso spannender, wenn ein sehr langer Schleimfaden kurz über den Boden hochgezogen wurde. Zum einen brachte ein längerer Faden eine größere Menge an Speichel mit sich, die zudem noch eine höhere Abkühlung auf Raumtemperatur erreichte und somit einen noch intensiveren Gaumenkitzel hervorrief und zum Anderen stieg in ihm die Spannung, ob er das Spielchen gegen die Schwerkraft gewinnen konnte. Auf keinen Fall dürfte der Schleimfaden den Boden oder irgendeinen schmutzigen Gegenstand berühren, dann würde er den Strang mit seinen Schneidezähne durchtrennen und das Spiel wäre verloren. Noch mehr Erregung empfand Hitler in diesem Moment über der Pinkelrinne. Diese Partie war eine Wette gegen den Ekel, gegen die Schwerkraft und die Selbstbeherrschung. Es war gewissermaßen ein Spiel mit der Macht. Wie in seinem gesamten Leben alles bis zur Ultima Ratio herauszukitzeln, dennoch die Kontrolle zu behalten und zu versuchen, am Ende des Tages oder jetzt beim Spiel zu triumphieren. 

Seit nunmehr zehn Sekunden kreiste ein Schleimfaden leicht oberhalb des schwachen Urinstrahls, wie die Suchscheinwerfer der Flakkanonen im nächtlichen Abendhimmel. Hitler beobachtete mit gebeugten Kopf und einem Entzücken in seinen Augen das Taumelspielchen. Der Moment schien perfekt, noch wenige Sekunden und er würde den schön abgekühlten Faden mit einem Zug zurück in den Mund gleiten lassen. So mochte er es am liebsten und auf den Moment fieberte er hin. 

Mit eiskalten Augen beobachtete ich Hitler durchs Schlüsselloch. Dass dieser Mensch kaputt war, war mir längst bewusst. Sein Ekelspielchen interessierte mich in diesem Moment nicht die Bohne. Das, was ich in der Hand hielt, war von weitaus größerer Tragweite. Es war nicht einfach nur eine Waffe, sondern das Schicksal der gesamten Welt lag in meiner Hand. Mittlerweile atmete ich kaum noch, nicht einmal meine rechte Hand, die pausenlos an der Pistole ruhte, wurde feucht. Mein Herzschlag war kaum noch wahrnehmbar, mein Körper wurde ganz ruhig. In meinem Kopf hallte eine innere Stimme, wie ein unbarmherziger Dämon, der mich mit unaufhaltsamer Kraft drängte, das Attentat zu vollenden – trotz der nagenden Angst, dass ich dabei mein eigenes Leben verlieren könnte und auch meine Familie in den Abgrund reißen würde.

»Habe immer ein Ziel vor Augen. Hitler ist dein Ziel«
Hämmerte der Dämon in meinem Schädel. Egal welcher Kampf gerade in meinem Kopf ausgetragen wurde, eine bessere Gelegenheit würde sich nie wieder ergeben. 
»Ich könnte zum Märtyrer werden, egal, wenn ich dabei selbst drauf gehe.«
Ich zog die Pistole aus dem Bund. Gerade wollte ich aufstehen und die Kabinentür öffnen, da –.

“Mein Führer, da sind Sie ja?! Es ist eine Katastro.…“ 

Schallte es plötzlich im Raum. Die Stimme, es war Martin Bormann, würgte mitten im Wort ab. Hitler zuckte zusammen, als Martin Bormann mit weit aufgerissenen Augen unerwartet im Raum stand. Er hatte nicht damit gerechnet, seinen Führer in einer derart beschämenden Lage zu überraschen. Hitler, der da stand, mit seinem Glied in der Hand, während ein langer Rotzfaden, der kurz über der Pinkelrinne kreiste, aus seinem Mund baumelte. Tausende Fragen jagten den beiden Männern in diesem Moment durch den Kopf. Hitler fragte sich, wie viel der ungebetene Bormann von seinem Ekelspielchen mitbekam, und Martin Bormann beschäftigte sich mit der Frage, wie er die peinliche Situation seines Chefs überspielen konnte.  In beiden Männern tobte die Panik, aber Hitler unterlief ein folgenschwerer Fehler. Statt den Rotzfaden mit den Schneidezähnen zu durchtrennen und in die Rinnen zu spucken, zog er in einem Reflex den Rotzfaden wieder hoch. Der Schleimfaden schnellte beim Hochziehen, schräg nach vorne und gleitete an der nassen, gelblich-braunen Pissrinne entlang zurück in seinen Mund. Schon im selben Moment verfluchte er sich, aber noch mehr verfluchte er den unwillkommenen Bormann, der diese unangenehme Lage herbeigeführt hatte. Mit einem Keifen spuckte Hitler den gesammelten Urinschleim in die Rinne zurück. Dreimal stampfte Hitler mit den Füßen fest auf den gekachelten Boden. Eine Fliesen zersprang. Mit den Schuhen zermalmte er die Keramiksplitter unter seinen Sohlen. Es  knirschte. Hitler zitterte vor Zorn an allen Gliedern, keuchte vor Aufregung und schaute mit einem Verachten den in Ungnade gefallenen Sekretär in die Augen. Sein Blick war angsteinflößend, die Hose nach wie vor heruntergelassen und seine Hand hielt den Penis. Bormann verstand Hitlers schaurigen Gesichtsausdruck. Augenblicklich stolperte er mit offenen Mund, mit entgleisten Gesichtszügen, rückwärts aus dem Raum.

Fluchend zog Hitler die Hose hoch, ging mit großen Schritten zum Waschbecken, stützte sich mit beiden Händen ab, drehte den Hahn auf und hielt seitlich seinen Kopf unter den trüben, milchigen Wasserstrahl. Mehrfach gurgelte er und spülte seinen Mund aus. Es kochte in ihm – nicht nur vor Wut. Der Ärger über seinen Sekretär schlug ihm trotz der Medizin, die er vor wenigen Minuten eingenommen hatte, vollends auf den Magen. Im Darm grummelte es. Gasbildung in den zahllosen verschlungenen Darmwindungen und Krümmung, die in der Dunkelheit den Ausgang suchten. Hitler fluchte laut Idiot, keifte den Spiegel an. Erneut holte er die Pillendose hervor, um die Flatulenzen mit der doppelten Anzahl von Pillen zu bekämpfen. 

Jetzt wäre die letzte Gelegenheit, die Toilettentür leise zu öffnen und den Diktator mit einem Schuss ins Jenseits zu befördern.

Alexander Buch

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